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2. LOVE - Eine weite Reise in drei Akten
prose [ ]
Akt 2- Ein Meer ohne Blut, oder wie Neruda entfuhrt wurde

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by [NSD ]

2004-11-05  | [This text should be read in deutsch]    | 



BrĂŒssel, Herbst 2001

Um Mitternacht beschlossen zwei Vietnamesen, nach Hause zu gehen. Niemand hat wirklich geglaubt, dass sie gehen werden, da spĂ€ter im Programm Aysha, die Bauchtanzerin kam. Doch die Vietnamesen wollten sich ausruhen, „because tomorrow is school“. So ist es bei diesen verfolgten Kleinasiaten: wenn sie nicht zu den Kursen gehen, mĂŒssen sie aus ihren Stipendien Strafe zahlen. Und ihr Stipendium reicht nunmehr gerade fĂŒr Zwiebel, Curryspaghetti
und ihre seltsamen Wurzeln.
Sie gingen also fest entschlossen, blind fur die sĂŒndigen Schwingungen der TĂ€nzerin und taub fĂŒr ihre heisse Rhythmen. Draussen regnete es apokalyptisch, und der Wind beugte alles, was sich beugen liess, aber die Vietnamesen beugten sich nicht und gingen weiter. Da gibt es so eine
rumĂ€nische Sage, mit einer Frau, die trotz wĂŒtenden Sturms zu ihrem Mann findet. Und der Mann mauert sie ein, auf dem Grund des schönen Klosters, das er gebaut hat. Dieses Kloster kann man noch heute besichtigen. Man sagt, dass der Brunnen im Hof die TrĂ€nen des Mannes weint. Das ist aber mit jeder Legendenvariante unterschiedlich. In allen aber beteuert die Frau in der kalten Mauer ihre unsterbliche Liebe zu ihrem Mann.
Ich unterbreche immer erzÀhlte Geschichten, vor allem, wenn sie von MÀnnern erzÀhlt werden, Entschuldigung!
Also die Vietnamesen - Es regnete, es donnerte in allen Eingeweiden, und es wurde immer kÀlter. Sie verloren ihren Weg im Dunkeln. Aber sie gingen weiter. Mit einem Trotz, der in ihre unbeweglichen Augen gezeichnet ist. Sie begannen zu rennen und riefen verzweifelt nach dem einzigen Polizeiwagen, den sie im Schauer sahen. Aber die Polizisten erschraken vor den zwei chaotisch laufenden MÀnnern und machten sich eiligst davon. Von allen verlassen, wie in
den Shaolinfilmen, gaben die Vietnamesen nicht auf. So dass sie gegen morgen in ihren wassergetrÀnkten Schuhen letztlich ins Studentenheim hinkten.
Da fanden sie die ganze Partygesellschaft eingeschlafen: Sie war schon lÀngst angekommen, mit dem ersten Morgenbus.
Das Moral von der Geschicht' könnte das Refrain eines berĂŒhmten rumĂ€nischen Liedes aus den 70-iger Jahren sein: „Unsere Wege werden sich irgendwann doch kreuzen!“ Denn alle Wege fĂŒhren zu demselben Ort.
Na ja, darĂŒber lasst sich streiten, habe ich eines Tages beim Aufwachen gedacht. Da gibt es die Ballade eines rumanischen Zwischenkriegspoeten, Macedonski, in der ein Emir geradewegs durch die WĂŒste nach Mekka fĂ€hrt. Zur gleichen Zeit zieht auch ein hĂ€sslicher Bettler nach Mekka - doch er wĂ€hlt einen lĂ€ngeren Weg, der durch grĂŒne Haine fĂŒhrt. In der WĂŒste stirbt die ganze Begleitung der Emirs, samt allen Kamelen. Zuletzt stirbt auch der Emir, nachdem er das Leuchten Mekkas zu sehen glaubt. Der hĂ€ssliche Bettler aber kommt heil in Mekka an. Die Literaten gehen hier mit der Gedichtinterpretation weit auseinander. Die einen meinen, der ehrliche Emir, der geradeaus durch die heisse WĂŒste geht, erreicht schliesslich das „himmlische Mekka“. Der hĂ€ssliche Bettler aber, der den schlingenden, leichten Weg nimmt, erreicht letztendlich nur das „irdische Mekka“. Es gibt aber eine andere Version, die den hĂ€sslichen Bettler als Vorbild sieht. Er sei der geduldige Mann, der brav den langen, aber sicheren Weg wĂ€hlt. Der Emir dagegen, dessen Schönheit dem gefallenen Engel gleicht, ist ebenso stolz und voreilig und stĂŒrzt seine ganze Gemeinschaft ins Verderben. Der Ziel eines Weges ist also Ansichtssache.
Ich verstehe meinen Weg auch nicht. Ich gehe einfach. Meine Odyssee hat im VerwaltungsbĂŒro des Studentenheims ausgefangen. Da wollte ich nachschauen, ob ich Briefe bekomen habe, aber ich hatte nur Rechnungen. Nichts an diesem Morgen wies auf das kommende Abenteuer. Plötzlich hielt ich in meiner rechten Hand einen kleinen rosenen und duftenden Umschlag. In meiner linken Hand hielt ich einen nichtssagenden weissen Umschlag, vielleicht noch eine Rechnung - die habe ich fallen lassen. Der parfĂŒmierte Brief war an M. gerichtet. Von einer Amalia - was fĂŒr ein Mottenname!. Ich erinnere mich: “Just a friend who will visit me on my birthday!“ Und als die Erinnerungsflashes vorbei sind, sitze ich schon im Aufzug und habe den Liebesboten entfĂŒhrt. Ich bin erst mit dem Bus gefahren und dann mit der U-Bahn, damit der entfĂŒhrte Bote jeglichen Orientierungssinn verliert. Nur traf ich uberall Bekannte.

“Hi, you go to work?“ Diese ThailĂ€nderin, Pat, wird mich noch in meinen TrĂ€umen verfolgen. Sie klopft nachts an meine TĂŒr, und wenn ich – noch schlaftrunken - einen Spalt öffne, schleicht sie sich mit dem ersten augenschmerzenden Lichtstrahl rein. Sie bringt mir Oliven, die sie von ihrem Arbeitgeber im Restaurant klaut, und bleibt dann bis zum Morgen vor mir, so
in Buddhahaltung, aber immer lĂ€chelnd. “No, no, I go to the library!“ Dann erscheinen die Spanierinnen: „Ola, heute wollen wir Marco schminken. Kommst du mit?“ Und gleich danach treffe ich auch ein paar belgische Nachbarn, die ich seit Wochen nicht mehr gesehen habe: „Dag, hast du letztlich ein Radio gekauft? Welche Marke?“
Und jedes Mal, wenn ich jemandem begegne, taste ich nach meiner Tasche und atme tief ein. Ich will den ganzen Duft des Briefes einatmen, damit ihn die anderen nicht spĂŒren. Ich bin nahe daran, kehrt zu machen und den Brief zurĂŒckzulegen.
Aber da muss ich noch ein paar Fotos fĂŒr meinen Regieunterricht machen. Clic also auf Don Quichotte - es sieht so aus, als wĂŒrde seine Hand nach dem fliegenkleinen Hl. Georg vom BĂŒrgermeisteramt schnappen. Clic weiter auf ein paar marokkanische SchĂŒler mit einem Drachen. Alle schauen jetzt nach oben. Gut. Clic auf eine Bank, auf der ich mich setzte, um einen gewissen Brief zu lesen. Nun hat es keinen Sinn mehr, meine kriminelle Tat zu unterbrechen... Denn wenn man das Schmetterlingspulver abgestaubt hat, stirbt das Insekt
sowieso...
Also, was schreibt die beflĂŒgelte Amalia? Dass es 3 Uhr nachts ist und sie im Bett raucht und an M. denkt. Äußerst originell, sie ist also die erste, die an ihn denkt! Dass sie ihn noch nicht gut kennt, aber dass sie ihn bald entdecken wird, wenn sie kommt. Nun komm doch! Dass sie kommt, um „the scent of your dark skin“ zu fĂŒhlen. Damit, mĂŒssen wir zugeben, verstĂ¶ĂŸt sie gegen die Regeln zugelassener Telenovelas! Dennoch rettet sie noch etwas von ihrem Anstand, mit dem Foto einer roten Insel. Darauf steht ein Gedicht von Neruda, ĂŒber das Meer, das kein Blut hat. Doch an das Gedicht muss die Tussi ein paar SternzeichenblĂ€tter aus einer Zeitschrift heften! Und da ich dasselbe Sternzeichen wie M. habe, interessiert es mich auch. Aber siehe da... ein grober Riss! Die Nymphomanin hat nur die MĂ€nnerseiten geschickt. Also gut... ich warf den Briefumschlag in einem Aschenbecher am Straßenrand. Aber was nun mit dem Rest? Ich beginne mit dem Zerteilen des Objektes.
Da bin ich plötzlich auf einem Flohmarkt, wo ich meine MitbĂŒrgerin Diana sehe. Sie steht gerade angeekelt zwischen verstaubten Kleidern, alten Zeitschriften und Plastikketten.

Sie erhebt die Stimme zu einem deftigen Fluch, der an der Grenze RumĂ€niens mit Ungarn entstanden ist. Das erkenne ich am Dialekt des Fluches. Der Fluch setzt voraus, dass der Fluchende eine ubermĂ€ĂŸige Potenz hat. Nun, die zarte Diana mitten in dem verstaubten Krimskrams. Also sie flucht. Sie flucht auf die UnverschĂ€mtheit der Menschen, die ihre dreckige Unterhosen zusammen mit den Kruzifixen ihrer armseligen Großmutter verkaufen. - Kein bisschen Anstand, ihr gierigen
Schweine! Sie ĂŒberquert den Markt, um sich danach mit einem Taschentuch die Schuhe abzuwischen und empört wegzugehen.
Indessen kann ich unbemerkt fotografieren. Clic - ein Alter mit einem einzigen Zahn, auf einem
Friseurstuhl, vor einer Reihe KinostĂŒhle, clic - ein Kind, dass eine alte einĂ€ugige Puppe an den Haaren hĂ€lt, clic - ich, die ich den Brief zwischen alten Postkarten verstecke... Denn auch der Brief war gelb - vom ParfĂŒm.

Zuhause habe ich meine Kleider gewaschen und habe geduscht, um den Duft
loszuwerden. Wie ein Mörder, der das Blut von sich spĂŒhlen will. Aber Nerudas Meer hat kein Blut! Da sind mir viele Haare abgefallen. Als M. an meine Tur geklopft hat - denn ich erkenne sein Klopfen!- habe ich die HaarbĂŒrste im KĂŒhlschrank versteckt. M. hat sich die Kopfhaare rasiert. Ich sagte gestern, er soll sich als Buße scheren, wenn er noch jemals auf Verzeihung fĂŒr seine Geschichten hofft. Damals, das war eine andere Geschichte - mit einer Polin.
„So so, komm rein... und bring auch einen Apfel mit, denn ich habe schlechten Geschmack im Mund!“
M. mag ich nicht fotografieren, denn meiner Meinung nach ist nichts Besonderes an seinem Aussehen. Ich lade ihn nur ab und zu zu mir ein, wenn es regnet. Und er kennt witzige Geschichten mit Vietnamesen.

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