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- - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - - 2006-12-07 | [This text should be read in deutsch] |
Am ersten Adventsamstag 1969
Lieber Andreas! Am ersten Adventsonntag war es heuer in Krems so warm wie im Herbst. So kann ich fast nicht glauben, wie es vor vielen Jahren war: Als ich genau so alt war wie du, hat es am Samstag vor dem ersten Adventsonntag schon in der FrĂŒh zu schneien begonnen. Ich war ĂŒberglĂŒcklich, dass es den ganzen Tag geschneit hat. Zur Adventkranzweihe am Samstag Abend in der Obdacher Kirche habe ich mir immer schönen frischen Pulverschnee gewĂŒnscht. Am Nachmittag habe ich schon die alte Petroleum-Laterne geputzt und mit Petroleum gefĂŒllt. Die HĂ€nde sind nicht mehr ganz sauber geworden, aber ich habe den Petroleum-Geruch gemocht. Weil er so schön altmodisch war. Meine Mama, deine Steiermark-Oma, hat mir immer erzĂ€hlt, dass sie als Kinder nur Petroleum-Licht gehabt haben. Als meine Mama und meine groĂe Schwester, Deine Tante Maria, mit dem Adventkranzbinden fertig waren und wir in Richtung Obdach zur Adventkranzweihe aufbrechen konnten, habe ich mir noch den Lodenrock von Tati angezogen, der mir fast bis zu den Knien gegangen ist. Aber ich war schon groĂ fĂŒr mein Alter und mein Tati war immer ein bissl klein fĂŒr sein Alter, hab ich gedacht, also muss er mir passen. Und er war so altmodisch wie ich mich selbst an diesem Tag gefĂŒhlt habe. Maria hat mich ausgelacht, aber sie ist trotzdem mit mir zur Kirche gegangen. Maria hat den Adventkranz getragen, und ich habe mit der Petroleum-Laterne in den Schnee geleuchtet. Es schneite noch immer und die Flocken glitzerten im Lampenschein. Im Friedhof habe ich den Docht der Petroleum-Lampe ganz zurĂŒckgedreht, bis sie erloschen ist. Wir wollten sie nicht mit in die Kirche nehmen. So haben wir sie unter dem hohen Buchsbaum beim Grab von Mamas Onkel versteckt. Am liebsten hĂ€tte ich jetzt auch den Lodenjanker von Tati ausgezogen und versteckt. So nahe bei der Kirche bin ich mir ziemlich arg altmodisch vorgekommen. Maria hat mich ausgelacht, und so habe ich mich extra groĂ gemacht und bin ganz kerzengerade mit dem Lodenjanker in die Kirche gegangen. Und habe mich weiter hinten hingesetzt. Maria hat den Adventkranz zu den BĂ€nken vor dem Altar nach vorne getragen. Der Gesang und die Gebete des Pfarrers haben mir so gut gefallen. Ich habe versucht, mit ganz tiefer Stimme mitzubeten. Aber da hat mir bald der Hals gekratzt und ich habe wieder leise mit meiner hohen Stimme mitgesungen. Ich war so in feierliche Stimmung und in Freude versunken, als der Pfarrer mit dem Weihrauchfass um die BĂ€nke mit den hundert AdventkrĂ€nzen aller Obdacher gegangen war, dass ich sogar meine groĂe Schwester vergessen hatte. Erst als sie mir - mit dem Adventkranz in den HĂ€nden â mit ihrem Schuh einen leichten Spitz gab, habe ich mich wieder an sie erinnert. Ich bin voraus in den Friedhof gelaufen. Gerade als ich die Laterne aus dem Buchsbaum holte und anzĂŒndete, rutschte eine Fuhr Schnee vom Baum und in meinen Hals und auf die Laterne, dass es zischte. Aber die Laterne brannte, als meine Schwester nachkam. Es war schön, eine groĂe Schwester von der Kirche kommen zu sehen, im Schneetreiben. Ich war stolz, sie mit Laternenschein heimzubegleiten. Und ich habe das sehr lieb von mir gefunden. Beim Heimgehen im tiefen Schnee, der von meinen Schritten dahinstaubte und der die Schuhe so schön glĂ€nzend machte, bin ich richtig in den Lodenjanker von Tati hineingewachsen. Ich hatte das GefĂŒhl, dass ich immer gröĂer und stĂ€rker wurde. Ich habe gedacht, dass meine groĂe Schwester ein GlĂŒck hat, dass ich bei ihr bin. Ich war so stark, dass ich am liebsten die Laterne und den Adventkranz getragen hĂ€tte. Aber damit sie nicht traurig ist, habe ich den Adventkranz doch Maria gelassen. Bis wir nach Hause kamen, habe ich schon wirklich wie ein alter Mann ausgesehen. Meine Haube war ganz weiĂ, an den Augenbrauen pickte der Schnee und aus der Nase tropfte das aufgetaute Eis. Mama war so lieb und hat uns Tee gekocht. Nach jedem Schluck Tee habe ich an meinen Fingern geschnuppert. Sie rochen noch immer gut nach Petroleum. Auch beim Rosenkranzbeten habe ich immer wieder mit meinem Finger unter der Nase gerieben, bis mir Maria die Hand hinuntergedrĂŒckt und Saubartl gesagt hat. DafĂŒr hat sie sich aber versprochen und statt âJesus, den du oh Jungfrau im Tempel gefunden hastâ hat sie gebetet: âJesus, den du oh Jungfrau im Tumpel gefunden hastâ. Wenn ich nicht schon so mĂŒde gewesen wĂ€re vom langen Beten hĂ€tte ich sie ausgelacht. Gelobt sei Jesus Christus, habe ich mit Mama und Maria zum Schluss gebetet und gedacht: Gelobt sei Jesus Christus, dass der Rosenkranz endlich aus ist. Ich habe schon die Augen zusammengezwickt, so schwer waren sie, aber da sah ich die erste Adventkerze noch schöner strahlen, mit einem Kranz aus Licht um den hĂŒpfenden Docht herum. Dann bin ich ins Bett gegangen, noch bevor Mama sagen konnte, dass ich mir die HĂ€nde waschen soll. Ich habe den Weihrauch aus der Kirche noch in der Nase gehabt und Petroleum an meinen Fingern und habe das leise Rascheln der Schneeflocken gehört. Aber vielleicht habe ich da schon getrĂ€umt.
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